Vom 9. bis zum 15. März eröffnete im Anschluss an den Frauenkampftag am 8. März der offene feministische Raum im Schillerviertel. Das Kasseler Komitee der „Women Defend Rojava“ Kampagne bereitete über eine Woche aktuelle feministische Inhalte in der Schillergalerie auf.
Ein Bericht von Christoph Hepp
Die weißgestrichene Eckgalerie ist gefüllt mit dem Archivmaterial einer feministischen Bewegung, die sich ihrer eigenen Geschichte versichert. Berichte aus den 80er Jahren von Besetzungen von künftigen Frauenhäusern, Plakate, die Vergewaltigern wohlverdiente Gewalt androhen, Stapel von kämpferischen Broschüren, alles aus dem Raum Kassel. Im hinteren Raum werden Vorkämpferinnen der feministischen Bewegung geehrt.
Man sieht der Ausstellung an, dass hier keine staatlichen Kulturfördermillionen im Material stecken und sie allein vom Elan der Aktivistinnen lebt, ohne Hochglanztafeln und Managerinnenquotendebatten. Es geht um einen linken Feminismus, die radikale Gleichheit und das Ende der Herrschaft der Männer. So radikal die Forderungen, so freundlich sind die Gesichter. Alle sind willkommen.
In der Übersicht über das Material ist bemerkenswert, dass sich viele Kämpfe nicht maßgeblich geändert haben. Die Besetzungen, Proteste und Plakate haben auch 40 Jahre später noch die selben Themen: Abtreibungskriminalisierung mit §218, patriarchale Gewalt und Vergewaltigungen, Frauenräume, Kriegsopposition.
„Man könnte den Eindruck bekommen, dass in den 80er Jahren mehr los war. Aber feministische Kämpfe gab es die ganze Zeit hindurch und auch heute wird sich feministisch organisiert.“, meint eine Aktivistin des Komitees, die mit der Recherche der Ausstellung betraut war.
Zur Vortragsveranstaltung sitzen abends rund 30 Frauen und Queers zusammen und diskutieren über die feministische Revolution in Nordsyrien und ihre Perspektive in Deutschland. Über diesen internationalen Anspruch und Strategien vermittelt, wird dem Feminismus hierzulande ein neuer Impuls gegeben. Das Women Defend Rojava Komitee nimmt hier einen Faden auf, der die Diskussionen der Frauenbewegung seit Jahren begleitet: Kurdische Feministinnen setzen auf autonome Selbstorganisierung in einer Rätedemokratie. An jedem Abend der Woche fanden Bildungsveranstaltungen wie diese für Frauen und Queers statt. Dem Komitee zufolge mit reger Beteiligung.
„Wir wollen, dass hier eine feministische Basis entsteht, die sich ihrer Geschichte bewusst ist und sich nicht spalten lässt.“
„Wir wollen es schaffen, die feministischen Spektren in Kassel endlich zusammen zu bringen“, sagt Aktivistin Sarah* vom Komitee. Zweite und Dritte Frauenbewegung, Queerfeminist*innen, Kurdische Frauenbewegung – sie alle kämen im Anschluss an ihren Kampftag am 8. März auch inhaltlich auf einer gemeinsamen Ebene zusammen. Gerahmt von der eigenen Geschichte und Gegenwart diskutiert es sich natürlich auch wesentlich besser: „Wir wollen, dass hier eine feministische Basis entsteht, die sich ihrer Geschichte bewusst ist und sich nicht spalten lässt.“
Der offene feministische Raum ist nach einer Woche wieder geschlossen worden, eine nur vorübergehende Institution. Die Netzwerke und Strategien, die hier ausgetauscht wurden, sind jedoch von überzeitlichem Wert.
*Name geändert