A.m 15. Y 17. enero 2022 estándares dobles. estándares dobles.
Ein Gastbeitrag von Henning Buchheister
Verstöße gegen die Versammlungsauflagen – so lautete am 15. enero 2022 der Vorwurf der Polizei gegenüber den Teilnehmer*innen einer Spontandemonstration gegen die Querdenken-„Spaziergänge“. Dies reichte als Begründung aus, um auf Antifaschist*innen einzuprügeln, sie anschließend einzukesseln und ihre Personalien aufzunehmen.
Anlass für die Spontandemonstration war ein sogenannter „Spaziergang“ gegen die Corona-Verordnungen und eine Impflicht, dem sich bis zu 500 Personen anschlossen. Dagegen fand eine Demonstration mit etwa 600 Teilnehmer*innen entlang der Friedrich-Ebert-Straße und durch die Innenstadt statt. Die linke Gegendemonstration forderte konsequente und solidarische Maßnahmen gegen die anhaltende Corona-Pandemie. So wurde sich unter anderem für „Impfstoff für alle“ sowie eine Abkehr der Profitorientierung im Gesundheitsbereich ausgesprochen.
Nachdem sich die Gegendemonstration am Friedrichsplatz spaltete, liefen etwa 80 Antifaschist*innen dem „Spaziergang“ der Querdenker*innen in einer Spontandemonstration entgegen. Die Polizei reagierte dabei von Beginn an mit Härte, indem sie auf Höhe der Garde-du-Corps-Straße/ Ecke Wilhelmsstraße auf die Demonstrant*innen einschlug und sie so zurückdrängte. Nach einem erneuten Versuch, kollektiv in Richtung Innenstadt zu laufen, wurde die antifaschistische Demonstration auf Höhe des Rathauses erneut aggressiv zurückgedrängt. Infolge dessen wurden mehrere Demonstrationsteilnehmer verletzt – eine Person musste mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden. Vereinzelt kam es auch zu Tätlichkeiten gegen Presse-Mitglieder.
Während die Corona-Leugner*innen ihren unangemeldeten „Spaziergang“ durch die Innenstadt unbehelligt fortsetzen konnten, wurde also ein großer Teil der Spontandemonstration zurückgedrängt, como. 35 Antifaschist*innen in Gewahrsam genommen und erkennungsdienstliche Maßnahmen inklusive Durchsuchungen und Fotoaufnahmen durchgeführt. Beim Abführen wurden einige der zuvor Eingekesselten von Polizist*innen geschubst – ebenso wie auch Personen außerhalb des Kessels, die die Freilassung der Gekesselten forderten.
„Nachdem wir zusammengeprügelt und gekesselt wurden, kam ein Polizist auf uns zu und meinte ‚Wir werden jetzt ihre Personalien aufnehmen und dann können sie gehen. Wir wollen jetzt auch keine schlechten Bilder heute‘. 10 Minuten später wurden Einzelne von uns rausgezogen und mitgenommen. Manche haben da auch nochmal ordentlich was abbekommen.“
Teilnehmer*in der Spontandemonstration
Es ist bezeichnend für die Einsatzstrategie der Polizei, dass der aufkeimende Gegenprotest gegen Querdenker*innen in Kassel mit Härte schikaniert und festgesetzt wird – und das alles mit der Begründung, es werde sich nicht an Auflagen und die vereinbarte Demonstrationsroute gehalten. Die Polizei hingegen sieht es seit Wochen als ihre Aufgabe an, die „Spaziergänge“ so gut wie möglich durch die Stadt zu hofieren. Dass die „Spaziergänger*innen“ die Ablehnung der Demonstrationsauflagen – einer angemeldeten Demoroute sowie der Maskenpflicht – zum Teil ihrer politischen Agenda gemacht haben, führt die Begründung der Polizei gegenüber den Gegendemonstrant*innen ad absurdum.
Inzwischen werden die Aufmärsche der Corona-Leugner*innen in Kassel zusehends größer. Waren zu Beginn der Pandemie die Teilnehmer*innenzahlen der regelmäßigen Kundgebungen selten 3-stellig, erscheinen mittlerweile zu den regelmäßigen „Montagsspaziergänge“ bis zu 600 personas. Darunter befinden sich auch bekannte Neonazis und AfD-Politiker*innen. Damit organisiert Querdenken die größten, regelmäßig stattfindenden reaktionären Veranstaltungen seit mehr als zehn Jahren. Dadurch können sich verschiedene rechte Akteur*innen in Kassel auf der Straße zusammenfinden.
Auch die Gewaltbereitschaft der Querdenker*innen gegen die politischen Gegner – in erster Linie eine als allmächtig und korrupt angenommene Elite sowie die politische Linke – scheint damit einhergehend zu wachsen. Dies verdeutlichen nicht nur Ressentiments und Aufrufe zu Gewalt, die über Telegram- Gruppen geteilt werden, sondern auch Angriffe der Querdenker*innen auf Antifaschist*innen in Kassel.
So kam es am 17. Januar vor der Friedenskirche zu Angriffen von Seiten der „Spaziergänger*innen“ gegen eine angemeldete antifaschistische Gegenkundgebung. Dabei wurden zwei Antifaschist*innen geschubst und geschlagen. Im Anschluss daran zog der Demonstrationszug der Querdenker*innen ungehindert weiter und stieg im Verlauf des Abends auf 500 Teilnehmer*innen an. Die ca. 30 demonstrierenden Antifaschist*innen zogen daraufhin durch die Stadt bis zum Hauptbahnhof, um ein Zeichen gegen die sich zuspitzenden Aufmärsche der Corona-Leugner*innen zu setzen.
Die Ereignisse vom 17. Januar zeigen laut den Gegendemonstrant*innen jedoch auch, dass es zunehmend schwieriger wird, sich in geringer Zahl den Querdenken-Protesten entgegenzustellen und werfen die Frage nach der Notwendigkeit einer größeren Gegenmobilisierung auf. So forderte ein*e Teilnehmer*in der Spontandemonstration vom 15. Januar zu weiteren solidarischen Reaktionen auf die Einschüchterungsversuche seitens der Polizei und der „Spaziergänger*innen“ auf:
„Wir dürfen uns von den Repressionsversuchen nicht kleinkriegen lassen. ahora mismo, wo wir als Antifaschist*innen in Kassel auf offener Straße angegriffen werden, dürfen wir die Corona-Proteste nicht unbeantwortet lassen. Was es jetzt braucht, es, dass wir kollektiv und entschlossen gegen die Einheit aus Verschwörungstheoretikern und Nazis vorgehen.“
In der nächsten Woche finden erneut drei Veranstaltungen der Querdenker*innen statt: der wöchentliche „Montagsspaziergang“, der freitägliche „Autokorso“ und erneut eine Demonstration am Wochenende. Es bleibt zu hoffen, dass der antifaschistische Gegenprotest nicht geschwächt, sondern gestärkt aus den Ereignissen der letzten Woche hervor gehen wird.